Ich bin ja eigentlich gegen…

Vorbereitung, aber für die Schreibwerkstatt heute abend hatte ich bei Pema Chödrön nachgelesen:

„Der Trick ist, dass du loslassen und dich wieder für die Weite öffnen kannst. Das kannst du in jedem Augenblick, immer. Dazu musst du aber schon Freundschaft schließen mit dir selbst. Du musst deine Wut, deine Selbstverachtung, dein Wünschen und Begehren, deine Langeweile kennen lernen und mit all diesen Dingen Freundschaft schließen.“ (zitiert bei: Christine Bolam:“Einladung zum Glück“, Kamphausen 2003, Seite 59).

Und dann war keine/r da. Das hat es noch nie gegeben. Nicht ein Mensch in der Schreibwerkstatt. Ich hatte die Türen nach drinnen und nach draußen geöffnet, hatte Knospen, Blüten, verblühte Blüten und grüne und rote Hagebutten der Hundsrose auf den Tischen verteilt, ich sass und las in Günter Wohlfarts kleinem Reclam-Heftchen: „Zen und Haiku“, und schaute auf die Uhr: 3 nach 7, keiner da.

Ich war haikutisch gestimmt und tat, was ich anderen rate: einfach schreiben, ohne Punkt und Komma, ohne Sinn machen zu wollen, ohne Rechtschreibregeln, wenns hilft, einfach schreiben, was dir durch den Kopf geht, möglichst ohne Zensur und ohne „So darfst du gar nicht denken“.  Da kamen ein paar Haikus auf mich zu.

Sitzen und Warten
der Stille im Raum lauschen.
Rosen warten nicht.

Still im Raum sitzen
der Tisch geschmückt mit Rosen
bleibt wohl menschenleer.

Sitzen und warten
Zeit und Stille, Rosenduft
alles vergeht jetzt.

Wenn ein Plan da war
und geht dann plötzlich nicht mehr
wird Leere spürbar.

Sitzen, nicht warten.
Nur sitzen im Abendwind.
Lachen dringt herein.

Sitzen einfach nur.
Nichts erwarten, nur die Zeit
vergehen lassen.

Knospen und Blüten
Hundsrose-Hagebutten
duften und welken.

Wohlfart schreibt über das bekannteste Haiku von Basho: Froschsprung – Wasserton, dass es die lautere Stille zur Sprache bringt, dass das Geräusch des Froschs, der ins Wasser springt, und die Stille dieses Moments gleichzeitig hörbar werden. The sound of one hand clapping eben, wie der Zen-Buddhismus es gerne mag.

Alter Teich –
ein Frosch, hineinspringend
der Wasserton

(Wohlfart 1997, Seite 138)

Ich fahre jetzt zurück nach Hause und halte es mit Franz Kafka:
„Es ist nicht notwendig, dass du aus dem Hause gehst. Bleib bei deinem Tisch und horche. Horche nicht einmal, warte nur. Warte nicht einmal, sei völlig still und allein. Anbieten wird sich dir die Welt zur Entlarvung, sie kann nicht anders, verzückt wird sie sich vor dir winden.“

 

 

 

 

 

 

 

 

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1 Response to Ich bin ja eigentlich gegen…

  1. Elis Schibel sagt:

    Freundschaft schließen mit mir selbst – mit dem Augenblick so wie ich ihn erlebe – was für wunderbar hilfreiche Gedichte und Zitate. Auch Deine Ehrlichkeit ist entwaffnend und schön!

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