… am letzten Samstag fing mit einem zauberhaften Sommerregen-Morgen an.
Als Catering sollte es ja Döner geben, also muss ich Nicht-Fleischesserin für Ersatz sorgen. Die Zwiebelmarmelade, von der noch die Rede sein wird, eignet sich enorm gut als Soßen-Grundlage für einen schnellen und leckeren
Nudelsalat:
zu je einem Drittel Zwiebelmarmelade, Naturjoghurt und Delikatess-Majonnaise vermischen. Andreas´ Räucherkäse (die Variante mit Kümmel kommt am besten) in 1cm- Würfel schneiden, Tomaten, Selleriestangen und was sonst noch an nudelsalatfähigem Gemüse da wäre, hinein und mit den inzwischen bissfest gekochten Muschelnudeln vermischen. Salz, Pfeffer, grüner Tabasco, fertig.
Feststimmung am Morgen im Nieblumer Haus des Gastes, wir sind nicht die letzten, die ankommen: Hans-J. Buchhorn, der Insel-und-Amerika-Fotograf, muss an zwei Orten gleichzeitig sein und hängt an die Wand bei der Bühne ein enormes Foto eines Kojoten, den er persönlich kennt. Ich schaue das Tier im Lauf des Tages oft an, es gibt dem Raum mit seinem MenschenundKunstGewusel Weite und Ruhe, eine klare und selbst-bewußte Beobachterposition, einen fremden Blick.
Jörg Stauvermann, der Werbefachmann und spiritus rector der Veranstaltung, der viel dazu beigetragen hat, dass sie wirklich auf den Weg kam, bekommt meinen Dank und mein erstes Marmeladengläschen. Ich frage ihn, was er davon hält. Er nennt die Gläschen eine werbliche Katastrophe, meine Visitenkarten überladen und fragt, ob ich Pusteblumen verkaufen wolle. Er vergleicht meine public-relations-Bemühungen mit denen von Föhrer Klempnern und Hausmeister-Servicen, die auch alle ihre Dienstleistungen auf den Laster schreiben, so dass man ganz verwirrt sei. Oder so ähnlich… Ich bin verwirrt und auch ein bisschen angefasst und höre nicht mehr so genau zu.
Da kommt Jörn Sternhagen des Weges: ich schenke dem KreativHotelier und Kulinariker ein Gläschen Marmelade, worauf wir aufs Netteste ins Gespräch kommen und ich frage ihn, wie das denn wohl zusammenhänge, Zwiebelmarmelade und Schreibwerkstatt… ich bräuchte da eine klare, konzentrierte Botschaft, am besten als Gedicht von ihm.
Auf meinem Tisch lag ChartPapier mit der Anleitung zum Haiku-Basteln: 17 Silben, ein Gedicht, und Jörn verband sofort alles:
Zwiebelmarmela
de des schmeckt nach Schreibwerkstatt
–
Kreativität
Im Lauf des Tages gestaltete er den Text und brachte ihn mir am späten Nachmittag laminiert vorbei. Kreativität eben. Das Foto wird nachgeliefert.
Im Lauf des Tages hatte ich viele sympathische Gespräche, die meistens damit anfingen, dass ich ein Gläschen überreichte und die Menschen über das Wort Zwiebelmarmelade stolperten. Zwiebeln und Marmelade sind zwei Konzepte, die sie in getrennten Compartments in ihren Köpfen gelagert haben. Die Verbindung ist sinnlich interessant, das erfreut und inspiriert sofort.
Freya Ulonska-Steinhagen hat ihre leichten, heiteren und praktischen Tonschüsseln in meiner Nähe geschmackvoll drapiert und von ihren Lithografien und Stahldrucken begleitet. Sie leitet außerdem den line-dance und hat das Kreativen-Fest auf zarten und magischen Fotos dokumentiert, leider nicht veröffentlicht, soweit ich sehe. Sie hat mir auch ein Haiku aufs große Papier geschrieben:
Ein Regenschauer
reißt Gedanken mit sich fort
läßt mich leer zurück.
Ein kleiner Trompeter steht draußen und trompetet, hinter ihm sein Vater, Lars Obelgönner. Der TromPeter weiß genau, wer er ist und was er hier macht: „Ich locke die Leute an!“ Aber ganz charmant.
AnneLi Gerhardt erscheint mit ihren Kreationen und ihrem Buch über DAX in einem ganz zauberhaften grünen Seidenkleid. Sie hat ein Kinder-Musical von DAX gefunden und sucht jetzt einen Kooperationspartner, mit dem sie es aufarbeiten und aufführen kann.
Eva Lach, die so vielseitig Begabte, zeigt ihre maritimen Drahtinstallationen, und Antonia Obelgönner-Wiefelspütz vom FeinsLädchen in Wyk hat aus Filz eine lebenspralle, gar nicht ätherische Meerjungfrau gestaltet, der man ansieht, dass sie: Meer ja, aber jugendlich-unerfahren sicher nicht ist.
Ladies´ Room singt: berührende, lustige, wehmütige, wunderschöne a-capella-songs.
Ein Manager will ein Buch über burn-out schreiben und fragt, ob und wie ich ihm dabei helfen könne.
Karsten Hansen, der Autor der Buchs Das Geheinmis der Ulpiano kommt vorbei, da bin ich leider in der Mittagspause.
Am dankbarsten bin ich dafür, dass wir auf dem Parkplatz Usche Meuche trafen, die, von ihrem Mann Volker Meuche im Rollstuhl gefahren und von Tochter und Enkeltöchtern begleitet, das Fest beehrte. Sie zeigte ihre Narben vor, sprach von Knochensägen und zeigte ihre Schrotpatrone. In ihrem Ausschnitt waren die Metallklammern zu sehen, mit denen ihre Brust nach der Herz-Operation wieder zugetackert worden ist.
Wofür bin ich dankbar? – Dass Usche noch lebt, natürlich, und dass sie sich treu bleibt: sie zeigt her, was das Leben ausmacht. Sie verbirgt nicht schamhaft ihre Narben, und auch nicht ihre Angst. Soll der Tod ruhig kommen, sie hat in der Nach-Operations-Weste eine Schrotpatrone stecken. Sie da so in ihrem Rollstuhl und in ihrem Trotz zu sehen, macht mich stolz.
Es gibt ja nicht nur contact embarassment, also Fremdschämen, wenn jemand etwas Peinliches sagt oder tut. Es gibt auch so etwas wie den Stolz und die dankbare Freude darüber, mit jemandem in Kontakt sein zu dürfen, die, ganz aufs Wesentliche und eine Schrotpatrone reduziert, sie selbst ist. In jeder Lage. Und sich damit sehen läßt, zur Freude, zur Rührung und Inspiration der Anderen.
Als ich am Abend vor meiner Lesung etwas nervösele, findet der erfahrene Pädagoge Lars die richtigen Worte: „Das kannst du kurz erwägen und dann fallenlassen.“
Freya hat als Motto des nächsten Kreativen-Fests vorgeschlagen: Was ihr wollt!
Ich schließe mich an.
Die Zwiebel-Marmelade ist meiner Meinung nach eine super Bereicherung und sollte Essenz jeder Küche sein. Man kann sie hervorragend in allen Bereichen der Kochkunst benutzen, sei es jetzt als Brotaufstrich oder Soßengrundlage. Anwendungen findet man mit damit überall und der Kreativität mit der Würze der Marmelade sind keine Grenzen gesetzt. Sei es jetzt die würzige Variante mit Lorbeerblättern, Wacholderbeeren und Piment oder die fruchtige Variante mit Zitronenabrieb, welche ich vorwiegend zubereite und welche nach dem Rezept von Ole Plogenstedt ist. Einfach nur genial 🙂