… sagte eine Teilnehmerin, als wir das Märchen vom „Liebsten Roland“ (Brüder Grimm) besprachen, in der letzten Sitzung der diesjährigen Philowintergespräche. Als letztes Märchen war der liebste Roland deswegen so geeignet, weil viele Motive aus den vorhergehenden Gesprächen hier noch einmal auftauchten.
Wie eine Teilnehmerin sagte:
„Früher hätt ich Mitleid gehabt mit dem Schäfer, der die Heldin pflegt, aber nicht bekommt, und mit der armen bösen Schwester, die von der Heldin dem Tod preisgegeben wird, und womöglich noch mit der armen bösen Mutter, die ihr Kind umbringt.“ Blutig geht’s zu, im Märchen, und für manche Gesprächsteilnehmerinnen ist das bedenklich, beunruhigend, für manche auch erleichternd: „Das ist nun mal der Weg der Heldin, die anderen haben ihre eigene Geschichte!“ – Wir kamen darauf, dass die LebensReiseGeschichten miteinander verwoben sind, jede und jeder auf der eigenen Reise, und sich manchmal, in entscheidenden Lebens-Phasen, treffen.
Verena Kast hat in ihrem Buch Märchen als Therapie einen möglichen Umgang mit diesem Märchen in einer kreativen Gruppentherapie vorgestellt: „(…) man kann sein eigenes Problem im Spiegel des Märchens sehen (…).“ Märchen aber bieten immer auch eine verwandelnde Kraft, ein magisches Mittel der Veränderung, ein wunder-volles Vertrauen auf die Kraft des Lebens und der Freude an sich selber. „Damit aber war die Gewissheit da, dass auch die angesprochenen Probleme in eine Verwandlung hineingegeben werden können.“ Märchen geben, meint Kast, manchmal präzise Anweisungen, wie Konflikte gelöst, die nächste Stufe erreicht werden kann.
Es hilft sehr, solche Texte in der Gruppe zu besprechen, aus den unterschiedlichen Reaktionen und Betroffenheiten kann viel gelernt werden. Wir haben auch viel gelacht, und am Ende zitierte ich Joseph Campbell:
„Die Mythologie ist eine innere Landkarte von Erfahrungswelten, gekennzeichnet von Menschen, die sie bereist haben.“
Wir waren uns einig, dass wir eine sehr spannende Reise in die mythischen und eigenen Erfahrungswelten hatten, eine, die nachwirkt.
Dank an die Brücke, die uns diesen Raum zur Verfügung stellte, und Dank an die Teilnehmenden, die ihre inneren Räume öffneten und sich gegenseitig bereicherten und inspirierten!
– Ich nehme als Erfahrung aus dem Philowinter mit, was ich schon in der KraftquellenArbeit in der Klinik erfahre: Märchenarbeit ist ungeheuer anregend, produktiv, engagierend für die Teilnehmenden, erkenntnisträchtig und macht Spaß.
Im Philosophischen InselSommer will ich darauf nicht verzichten und werde Märchenwerkstätten anbieten:
„Wieder, wieder und wieder sind nun Drachen zu besiegen und unvermutete Schranken zu überwinden, und indessen wird es eine Unzahl von taktischen Siegen, flüchtigen Ekstasen und Blicken ins Wunderland geben.“ Joseph Campbell
Na, wenn das keine Aussicht ist!