„Am Hafen stand Tante Klärchen“ – Ich lese am Samstag, 3.2. um 16h in der WDR Galerie aus meinem Inselroman vor

20170116_090401vhs-Reihe:
Föhrer Lesestunde
Samstag, 3. Februar
16h
in der WDR Galerie

Ich lese zum ersten Mal aus meinem noch nicht abgeschlossenen Inselroman vor.
Arbeitstitel: „Am Hafen stand Tante Klärchen“.
Im Roman, der auf einer erfundenen Insel spielt, gibt es Tante Klärchen, die in ihrer Südstrand-Villa lebt, ihre Münchner Nichte Helene, genannt Schäfchen, die Insulanerin Matti Sörensen, und einen ungeklärten Todesfall.
Hier eine Leseprobe:

„Am Hafen stand Tante Klärchen“ Inselroman

Personen:

Tante Klärchen, auch genannt Clara Dorothea Mehmel: Villenbesitzerin, ehemalige Leiterin der „Kinderpension am Südstrand“, Köchin, Frau mit internationaler Vergangenheit, vielen Interessen, präsentem Scharfsinn und internationaler Zukunft. Ist Anfang 80, kuckt netflix und lernt dabei Englisch. Wohnt in der Straße, die ihren Namen trägt.

Helene von Ubbeloh, auch genannt Lenchen: Nichte von Tante Klärchen, Organisationsentwicklerin aus München, kann gut beobachten und einsortieren, was sie wahrnimmt. Ist Anfang 40 und hat Träume. Kommt im burn-out auf die Insel, entdeckt ihre Jugend wieder und wird zur Detektivin wider Willen.  Verliebt sich außerdem, auch wider Willen.

Mathilde Nora Luise Sörensen, genannt Matti: Jugendfreundin von Lenchen, Frau für IT und alles andere im Heimatmuseum, Insel-Ureinwohnerin, kennt alle und jeden, weiß viel über die Insel, und sieht vielleicht genau deshalb manches einfach nicht.

Kapitel 19: Einfach ein etwas anderes Blau

Ich stand vor der Villa, hatte irgendwie das Gefühl, dass Tante Klärchen mal wieder unterwegs war und wollte nicht ins Haus. Ich drehte mich um, ging die kopfsteingepflasterte breite Straße entlang und fand den ersten Durchschlupf in den Uferwald, den wir als Kinder schon genutzt hatten, um möglichst schnell vom Haus ans Meer zu kommen. Kühler, lichter Föhrenwald, duftend, weicher Untergrund, damals für bare Kinderfüße ein bisschen stachlig, schon das war aufregend, und dann öffnete sich die Sicht: Meer. Der Inbegriff allen Wohlseins und allen Abenteuers. Jetzt war etwas anders: der Ufersteig war befestigt, daraus war eine breite Promenade geworden, ich blickte auf etwas großes Rostiges aus Metall, mit Loch in der Mitte. Ein Zwischenraum, hindurchzuschaun. Erst dachte ich: Strandgut, dann begriff ich: Kunst am Bau. Oh je. Ich durchquerte die kunstbewehrte Zone, endlich hatte ich Strandsand unter den Füßen, zog die Schuhe aus und stopfte sie in meine Tasche. Meer. Ich konnte gar nicht schnell genug zum Ufersaum kommen, fing an zu rennen wie als Kind. Am Strand eine Linie von zerbrochenen Muscheln, viele davon rot, dann das Watt. Meer war bisschen weiter weg, ob auflandig oder ablandig, konnte ich nicht sehen. Ich ging durchs Watt, weiches sinkendes Gefühl an den Füßen, es kwutschte durch die Zehen, das Watt war feucht und kühl, da waren kleine Häufchen, die die Wattwürmer hinterlassen hatten, sie hatten mich schon als Kind fasziniert. Dann das Wasser, warm an den Füßen, eine Erleichterung machte sich in meinem ganzen Körper breit, als stiege das Meerwasser in mir auf und erfüllte mich ganz, machte mich zu sich, als wäre ich einen Wimpernschlag davon entfernt, eins zu werden mit dem Meer. So war es mir immer gegangen. Dieser Moment, wenn das Wasser mich umfing, war heilig in meinem Leben. Wenn ich halbwegs allein gewesen wäre, hätte ich mir die Kleider vom Leib gerissen und mich ins Meer gelegt, flach wie es hier war. Das ging nun nicht, also krempelte ich, ein leises Gefühl des Verlusts in der Brust, die Hosen hoch und stiefelte weiter,  Wasser um die Schienbeine, in die Weite hinein. Hier war alles frisch, weit, hell, ich war das einzig Vertikale in einer ganz horizontalen Landschaft: alle Linien parallel, die verschiedenen Wasser-Farben, die blinkenden Flächen, auf denen sich das Sonnenlicht spiegelte, dann der Horizont hinten, eine zarte Linie, wo das Wasser in die Luft überging, einfach ein etwas anderes Blau, schließlich der Himmel, der sich im Blau verjüngte, und hin und wieder ein Fleck am Horizont, eine Hallig oder ein Schiff vielleicht.   Je weiter ich das Land hinter mir ließ, desto glücklicher wurde ich. Einfach gehen, spüren, fühlen, Weite, Wasser, Blau, Luft, Licht. Es war so still, dass ich meinen Atem hören konnte, ich spürte mich atmen in der Meeresluft, spürte mich gehen, es war wie immer, ein köstlicher Schwebezustand zwischen ganz klarem Bewusstsein von mir selber und völliger Auflösung in der Bewegung meines Körpers, im Spüren der Weite um mich herum.

Deswegen bist du hier. Das ist es, was du brauchst.

Das dauerte, so lange es dauerte, und schließlich schaute ich auf, orientierte mich und ging wieder zurück, schräg durchs Watt und durch den Sand, zu meinem Ausgangspunkt am rostigen Bagel, dem Kunstwerk auf der Promenade.

Zuhause in Tante Klärchens Villa angekommen, duschte ich und legte mich hin, mitten am Tag, in meine harte kleine Koje im Gartenzimmer, und war im Begriff, einzuschlafen, da kam Cara, legte sich an meine Füße, warm, schnurrend und dadurch leise vibrierend. Mir schien, da war ein zufriedenes Lächeln in der Schnurrstimme.

… mehr am
Sa. 3.2.2018 in der WDR-Galerie

16-17:30 Uhr

vhs-Gebühr: 5 € 

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